Stress reduzieren mit der EMR-Methode Teil 2
Stress reduzieren mit der EMR-Methode Teil 2
Im 1.Teil Stress reduzieren mit der EMR-Methode haben wir geendet mit: Wir brauchen die Reize, die uns stressen, genauer, um nicht zu sagen „haargenau“. Falls Du den 1. Teil noch nicht gelesen hast, bitte tue dies zuerst für ein besseres Verständnis.
Ein sehr anschauliches Beispiel als Brücke aus dem Sport ist hier der Stabhochsprung: Stell Dir vor Du bist Stabhochspringer du bist 22 Jahre alt und Du bist im Endkampf bei den Olympischen Spielen. Dein größter Traum geht in Erfüllung. Dafür hast Du die letzten 4 Jahre täglich Schweiß und Blut geschwitzt, bist an Deine Grenzen gegangen und hast diese immer wieder überschritten. Die Einstiegshöhe ist 5,50m und die hast Du normaler Weise drauf. Dieses Mal reißt Du jedoch Deinen ersten Versuch von drei Versuchen, die Du hast. Wenn du nun einfach zurück gehst und denkst: „War halt nicht rund. Wird beim nächsten schon besser klappen.“ Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du den zweiten Versuch wieder reißt extrem groß. Du musst in eine genaue Analyse gehen, denn Stabhochsprung ist eine der komplexesten Sportarten überhaupt und deshalb passt es an dieser Stelle perfekt als Beispiel zur Verdeutlichung.
Was genau hat dazu geführt, dass Du die Latte gerissen hast? Bist Du einen halben Fuß zu weit vorne abgesprungen oder einen halben Fuß zu weit hinten und hast somit keinen optimalen Druck auf den Stab bekommen? War deine Endgeschwindigkeit zu langsam oder gar zu schnell? Bist Du zu sehr nach vorne abgesprungen und zu wenig nach oben oder bist Du zu stark nach oben abgesprungen und zu wenig nach vorne? Hast Du zu wenig Druck mit dem vorderen Arm, der den Stab biegt, auf den Stab gegeben oder war der Stab zu hart (Stabhochspringer haben 8-12 Stäbe in unterschiedlicher Dicke, Länge und Härte im Wettkampf dabei)? Hast Du zu viel Power aufgebracht oder war der Stab zu weich? Stimmte Dein Timing nicht beim Aufrollen am Stab, d.h. Du warst schon vor der zu überquerenden Latte an Deinem höchsten Punkt, bzw. ein paar Millisekunden zu spät am höchsten Punkt und hast dadurch die Latte gerissen? Wir können dieses Spielchen noch eine Weile fortsetzen. Es gibt unzählige weitere Möglichkeiten, die dazu geführt haben könnten, dass Du die Latte gerissen hast. Das Problem dabei ist, dass der komplette Sprung vom Absprung bis zum Überqueren der Latte nur knapp 2 Sekunden dauert. Dein Trainer ist bei den Olympischen Spielen leider nicht an deiner Seite, denn er muss auf der Tribüne sitzen. Du kannst ihn sehen aber nicht hören und mit ihm sprechen. Du bist quasi eingesperrt in dem kleinen Bereich, in dem der Stabhochsprung stattfindet und drum herum finden die Laufwettbewerbe statt und neben an der Speerwurf. 60.000 Zuschauer schreien und feuern an. Zum Glück gibt es die Zeichensprache, mit der Du mit Deinem Trainer in Kontakt treten kannst. Außerdem hast Du Jahre wenn nicht Jahrzehnte damit verbracht, Deinen Sprung zu perfektionieren und Du hast somit ein hervorragendes Körpergefühl entwickelt. Wenn Du nun mittels dieser zwei Komponenten (Trainer und eigenes Körpergefühl) den Grund für Deinen ersten Fehlversuch findest, dann kannst Du das beim zweiten Versuch beheben und nur dann ist Deine Chance beim nächsten Versuch über die Latte zu springen sehr viel besser.
Genau wie der Leistungssportler an so einen komplexen Bewegungsablauf herangeht, genauso solltest Du ganz spezifisch bis ins kleinste Detail Deine Stressoren auseinander nehmen und hinterfragen. Denn diese sind teilweise nicht minder komplex. Was steckt ganz konkret hinter dem Reiz? Ist es wirklich der Reiz, der Stress auslöst oder ist der vielleicht nur vorgeschoben? Löst dieser Reiz immer Stress aus oder nur manchmal? Wann tut er es und wann nicht, und wo ist der Unterschied in den Situationen, die ja augenscheinlich gleich sind?
Wir sind nun schon mitten drin in der bereits angesprochenen Selbstreflexion. Du darfst das in Ruhe machen und Dir Zeit dafür nehmen. Das ist gut investierte Zeit und es wird Dir die Arbeit zum späteren Zeitpunkt, wenn es daran geht Deinen Stress zu reduzieren, deutlich vereinfachen.
Ganz sicher wirst Du auch beim längeren Nachdenken über die Dinge, die Dich stressen, einige Stressoren auf Deiner Liste haben, die ganz eindeutig sind, ohne dass Du viel überlegen musst. Der Baulärm vor Deinem Fenster am Arbeitsplatz beispielsweise, da ist nichts dran zu deuteln. Lärm löst Stress aus und mindert die Konzentration, ab einer gewissen Lautstärke bei jedem.
Ganz sicher wird aber bei näherer Betrachtung einiger anderer Stressoren etwas ganz anderes dahinter stecken. Jeder von uns hat Werte, Einstellungen und Glaubenssätze. Diese sind geprägt durch die Genetik, die Erziehung, die wir genossen haben, die Kultur, in der wir aufgewachsen sind, die eigenen gesammelten Erfahrungen und vieles mehr. Jeder von uns hat rote Punkte. Wenn die gedrückt werden, empfindet man Stress und häufig weiß man gar nicht, warum das so ist. Und genau deshalb darfst Du Dir ein wenig Zeit nehmen und Deine Stressoren in Ruhe aufschreiben. Hinterfrage Stressreize genau. Suche nach möglichen Hintergründen. Reflektiere Dein eigenes Denken und Handeln und Deinen Alltag.
Kommen wir zur Praxis. Ich habe für Dich hier einen Fragenkatalog zusammengestellt. Gehe mit diesem Fragenkatalog Deine Punkte, die Du in Teil 1 aufgeschrieben hast, nun ganz in Ruhe durch. Überlege anhand des Katalogs, ob Dir noch weitere Punkte einfallen. Notiere Dir auf einigen extra Blättern, so genau es Dir möglich ist, was Dich in Deinem Alltag in Stress versetzt.
Anleitung Stress Analyse Praxis
- Was genau stresst Dich?
- Welche Situation löst Stress aus?
- Sind Menschen dran beteiligt? Ist es das Verhalten des Gegenübers oder seine bloße Anwesenheit?
- Sind es andere äußere Einflüsse und wenn ja welche?
- Ist der Stress in gleichen Situationen auch gleich oder hat es etwas mit Deiner Tagesform zu tun?
- Ist es eine Kombination aus mehreren Einflüssen? Wenn ja, wo genau ist der springende Punkt, der die Reaktion in Dir auslöst?
- Wann genau merkst Du, dass Stress aufkommt?
- Wann merkst Du es?
- In der Situation?
- Leicht oder stark Zeitverzögert?
- Bisher noch gar nicht?
- Was steckt genau dahinter?
- Sind es beim genauen Hinschauen gar nicht die Einflüsse von außen, sondern welche in Deinem Inneren?
- Deine Erwartungen an Dich, andere oder die Situation beispielsweise?
- Das Verhalten der anderen oder Dein eigenes?
- Sind neben dem Stressgefühl noch andere Emotionen im Spiel? (Frust, Ärger, Enttäuschung, Angst,….)
Wenn Du Dir eben ausreichend Zeit zur Erstellung Deiner Liste genommen hast, dann ist diese Liste ein erster Schritt, um Deine Wahrnehmung zu schärfen. Mit Deiner Wahrnehmung beginnt Deine Veränderung.
Ohne dass ich Dir jetzt an dieser Stelle weiteres Input gebe, wirst Du etwas verändern, da Du beim Grübeln schon Kleinigkeiten erkannt hast, die ungünstig für Deinen Stresslevel sind. Dinge, Situationen, die da sind, Verhalten das Du an den Tag legst, wo Du eben gerade gemerkt hast: „Was für ein Quatsch, den ich da betreibe. Das tue ich mir zukünftig nicht mehr an.“ Du darfst diese Erkenntnisse gerne direkt in Deinem Alltag umsetzen, denn Du weißt ja, dass viele Kleinigkeiten eine Menge bewirken können. Markiere alles, was Dir jetzt in den Sinn gekommen ist und was Du zukünftig gerne anders hättest, direkt in Deiner Liste. Am besten mit einem farbigen Stift.
Tipp:
Trage Deinen Zettel mit Deinen Stressoren die kommende Woche immer bei Dir. Reflektiere täglich mehrfach ganz kurz, wann Du Stress empfunden hast und notiere es, falls die Punkte noch nicht auf Deinem Zettel stehen, ansonsten vergib einfach Striche an die schon notierten Punkte, um nach der Woche feststellen zu können, welche Stressoren Dir häufiger begegnen.
Hebe diesen Zettel im Anschluss unbedingt auf. Lege ihn an eine Stelle, wo Du immer mal wieder drauf schaust, damit Du den Fokus darauf hast. In zukünftigen Blogbeiträgen werde ich hierauf weiter eingehen und Du kannst schauen, welche Stressoren Du mit welchen Ansätzen und Techniken, die dort vermittelt werden, verbessern, verringern oder gar eliminieren kannst.
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